Freitag, 5. Dezember 2014

Strafen aushandeln

Strafen aushandeln vor deutschen Gerichten. Geht soetwas überhaupt? Rechtsanwältin Petra Wichmann-Reiß erklärt!

In vielen, nicht nur US-amerikanischen Filmen sieht man, wie der Staatsanwalt und der Verteidiger zusammensitzen und "einen Deal" aushandeln. Der Angeklagte gesteht und bekommt dafür eine geringere Strafe.

Aber geht sowas überhaupt oder steht die Strafhöhe (Strafzumessung) für ein Vergehen nicht weitgehend fest? Könnte man mit solch einer Absprache auch straffrei ausgehen

In den USA ist das Aushandeln von Strafen an der Tagesordnung. Der Verteidiger erklärt seinem Mandanten mit welcher Bestrafung er zu rechnen hätte, wenn es zu einem langwierigen (und teuren) Prozeß käme. Dann kommt die gute Nachricht: wenn er sofort gesteht und sich für Schuldig erklärt, wird das Strafmaß ordentlich reduziert. So laufen dort gut 90% aller Strafrozesse. Der Angeklagte gesteht "freiwillig", bekommt eine geringere Strafe und der komplizierte teure Prozeß fällt durch den Kuhhandel, unter den Tisch. 

In Deutschland ist das völlig anders. "Ich rede mal mit dem Staatsanwalt". Pustekuchen!! Es gibt zwar auch hierzulande Absprachen zwischen Verteidigung, Staatsanwalt und Gericht, aber in viel engeren Grenzen.

Ein Prozeß kann z.B. vermieden werden, wenn der Angeklagte bestimmte Auflagen erfüllt. Zahlungen an Gemeinnützige Organisationen z.B. Manchmal kann auch eine Strafobergrenze in Aussicht gestellt werden, falls er gesteht. Viel mehr geht aber nicht.

Das Gericht darf aber keinesfalls eine bestimmte Strafe zusagen. Nach dem Motto: "gestehe und es gibt nur drei Jahre!" Und: Die Schuld muß ermittelt und bewiesen werden. Das Gericht darf sich nicht einfach darauf verlassen, daß der Angeklagte schon schuldig sein wird, wenn er das "gesteht".

Diese Unterschiede zum US-Recht ergeben sich durch die völlig unterschiedliche Rolle der Richter  in den beiden Rechtssystemen.

In den USA ist ein Strafprozeß eher ein Rechtsstreit zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Der Staatsanwalt trägt belastendes Material zusammen, der Verteidiger entlastendes. Das hört sich der Richter an und bildet sich ein Urteil. Dann fällt er eine Entscheidung und spricht sein Urteil. Das spart er sich, wenn der Angelagte sich für schuldig erklärt.

Er selbst stellt keinerlei Ermittlungen an. Die Schuldfrage klärt er also nicht, das machen "die Anderen".

In Deutschland haben die Strafrichter eine ganz andere Rolle. Sie schauen nicht nur zu und warten was vorgetragen wird. Sie leiten das Gerichtsverfahren ebenso wie die mündliche Verhandlung selbst.

Denn hier müssen Gerichte von sich aus klären ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. Sie dürfen sich auch nicht damit begügen, was ihnen an Beweismaterial vorgelegt wird, sondern müssen bei Bedarf auch selbst ermitteln um die Wahrheit herauszufinden und zu einem Urteil zu kommen.

Aber nicht nur die Strafrichter haben in Deutschland eine andere Rolle als in den USA. Auch auf die Staatsanwälte kommt Mehrarbeit zu. Hier reicht es nicht einfach Belastungsmaterial zusammenzutragen und Anklage zu erheben. Auch Entlastendes muß zusammengetragen und vor einer Anklage berücksichtigt werden.

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